Lustlosigkeit

Die häufigste sexuelle Störung der Gegenwart ist die sogenannte Lustlosigkeit. Wir leben in einer Zeit, in der Sexualität nicht nur omnipräsent ist, sondern auch der Anspruch möglichst regelmäßig, möglichst leidenschaftlichen Sex zu haben, zu einem Phantom wird, das sich in vielen Köpfen als ungeheurer Leistungsdruck manifestiert. Wer traut sich denn schon zuzugeben, dass er keine Lust hat, dass er den Partner, die Partnerin nicht (mehr) begehrt?

Lustlosigkeit als gesellschaftliches Tabu

Eine Gesellschaft, in der alles möglich und alles erlaubt ist, kann vieles akzeptieren, bloß keine Lustlosigkeit. Sie ist ein Tabu, das nach wie vor gerne verschwiegen wird, aber gleichzeitig das Gebot: „Du sollst Lust haben“, viele Menschen vor schier unüberwindbare Barrieren stellt. Wollen zu wollen, ist schwer. Aber: Wer behauptet denn, dass es nicht auch legitim ist, nicht zu wollen? Dass es ganz normal ist, dass es Lebensphasen gibt, in denen Sexualität eine geringere oder untergeordnete Rolle spielt?

Häufig wird in einer Paarbeziehung derjenige, der weniger Lust hat, als der zu Behandelnde definiert, der wieder „funktionsfähig gemacht“ werden soll. Die Frage, ob die unbefriedigende erotische Situation, nun auch ein Indikator für das Verschwinden der Liebe sein könnte, macht zusätzlich Angst. Aus Sorge, den Partner, die Partnerin zu verlieren, begeben sich die Paare dann in Sexualtherapie.

Worauf lohnt es sich eigentlich Lust zu haben?

Ziel unseres gemeinsamen Prozesses ist es nicht, den lustloseren Partner zu heilen, sondern zu begreifen, welche Dynamik sich in der Beziehung ergeben hat, dass Sexualität nicht mehr den positiven Stellenwert hat, den sie wahrscheinlich zu Beginn der Beziehung einmal hatte.

Auf unserem gemeinsamen therapeutischen Weg begeben wir uns auf eine Spurensuche anhand der Frage: „Welche Form von Intimität ist es überhaupt wert, dass ich sie anstrebe?“ „Was brauche ich, um zu begehren?“ und „Was passiert, dass ich Abstand zum Partner herstellen möchte/muss?“

Erotische Bedürfnisse klar benennen

Oft haben Paare Schwierigkeiten offen und ehrlich über ihre erotischen Bedürfnisse zu sprechen, weil sie Sorge haben sich mit ihren geheimsten Wünschen zu offenbaren und dann vielleicht abgewertet oder als pervers klassifiziert werden. In unserer Therapie geht es darum, den vielleicht zu eng gesteckten sexuellen Rahmen zu erweitern, es wird Raum geschaffen, die Gedanken und Sorgen auszutauschen und auch neue (theoretische und praktische) Erfahrungen miteinander zu machen. Die Klienten lernen, sich ihre ganz individuellen sexuellen Wünsche zuzugestehen und ihr sexuelles Profil zu entdecken und möglicherweise auch zu erweitern. Denn um „Nein“ sagen zu können, braucht es auch Klarheit, wozu ich eigentlich „Nein“ sage, um dann in weiterer Folge eine Vision zu entwickeln, wozu ich „Ja“ sagen möchte.

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